Rejection Sensitive Dysphoria bei ADHS

Rejection Sensitive Dysphoria – 4 Strategien bei Ablehnungssensitivität bei ADHS

Rejection Sensitive Dysphoria (RSD) ist einer häufigen Begleiterscheinung von ADHS. Sowohl im Beruflichen wie im Privaten kann dieser „Special Effect“ besonders herausfordernd sein.

Was ist Rejection Sensitive DysphoriaRSD?

Rejection Sensitive Dysphoria, RSD, zu Deutsch „Empfindlichkeit gegenüber Zurückweisung“, beschreibt eine extreme emotionale Reaktion auf das Gefühl der Ablehnung oder Kritik, sei sie real oder nur wahrgenommen. Menschen mit ADHS neigen aufgrund ihrer neurologischen Besonderheiten oft zu einer erhöhten Empfindlichkeit gegenüber solchen Situationen, was RSD zu einem belastenden Faktor im Alltag machen kann. Studien zeigen, dass nahezu jede Person mit ADHS RSD kennt und etwa ein Drittel beschreiben RSD als die „schlimmste Begleiterscheinung“ von ADHS. (Rejection Sensitive Dysphoria (RSD): ADHD and Emotional Dysregulation (additudemag.com)).

Wie äußert sich Rejection Sensitive DysphoriaRSD?

Stell dir vor: Du erhältst eine kurze E-Mail von deinem Chef und interpretierst diese sofort als Zeichen dafür, dass du deinen Job verlierst. Diese intensive Angst und der emotionale Wirbelsturm sind typisch für RSD und verdeutlichen die Stärke der Reaktion auf vermeintliche Ablehnung.

Die emotionale Intensität von RSD kann sich in verschiedenen Formen äußern, darunter:

  • Wut: Oftmals eine Maskierung von Scham und Angst, die sich in plötzlichen, intensiven Ausbrüchen manifestiert.
  • Traurigkeit: Ein tiefes Gefühl der Wertlosigkeit und Verzweiflung, das durch kleinste Kritik ausgelöst werden kann.
  • Scham: Ein starkes Gefühl des Unzulänglichseins, das häufig nach emotionalen Ausbrüchen oder vermeintlichen Fehlern auftritt.

Wichtig: Diese Reaktionen sind nicht deine Schuld und sind auch nicht durch ein Trauma in deiner Kindheit ausgelöst worden. Sie sind vielmehr Ausdruck der einzigartigen Verdrahtung deines Gehirns.

Wissenschaftliche Hintergründe:

Eine Studie von Mark R. Lepper und David Greene zeigt, dass extrinsische Belohnungen das intrinsische Interesse von Kindern verringern können (Effects of Extrinsic Rewards on Children’s Subsequent Intrinsic Interest on JSTOR). Diese Erkenntnis unterstreicht die Bedeutung der intrinsischen Motivation und könnte erklären, warum Menschen mit RSD so empfindlich auf Kritik reagieren – sie interpretieren diese als Bedrohung ihrer inneren Werte.

Strategien zur Bewältigung von RSD im Berufsalltag:

1. Emotionale Selbstregulation erlernen:

  • Atmen und Entspannen: Tiefe Atemübungen und Entspannungstechniken wie Meditation oder Progressive Muskelentspannung können dein Nervensystem beruhigen und deine emotionale Regulation verbessern. Studien belegen, dass tiefes Atmen den Cortisolspiegel senkt und Stress reduziert.
  • Positive Selbstgespräche: Praktiziere positives Self-Talk und ermutige dich selbst mit positiven Affirmationen. Erinnere dich daran, dass du wertvoll bist und Fehler zum Leben gehören.

2. Identifiziere deine Auslöser:

  • Journaling: Führe ein Tagebuch, um Situationen oder Kommentare zu notieren, die deine RSD triggern. Dieses Bewusstsein ermöglicht es dir, besser auf diese Situationen vorbereitet zu sein. Ein Trigger könnte zum Beispiel ein abwertender Kommentar eines Kollegen sein.

3. Schutz vor negativen Gefühlen:

  • Schutzstrategien entwickeln: Schaffe Strategien, um dich emotional zu schützen. Dies kann das Setzen von Grenzen in Beziehungen, das Finden von unterstützenden Freunden oder die Inanspruchnahme von professioneller Hilfe durch einen Therapeuten / eine Therapeutin umfassen. Eine Möglichkeit könnte sein, vor schwierigen Gesprächen positive Erinnerungen an die betreffende Person zu visualisieren, um deine Emotionen zu stabilisieren.

4. Angemessener Umgang mit Wut:

  • Wut verstehen und kanalisieren: Erkenne, dass Wut oft eine Reaktion auf Scham oder Angst ist. Finde gesunde Wege, deine Wut auszudrücken, zum Beispiel durch körperliche Aktivität oder kreative Tätigkeiten.

Umgang mit Kritik und Ablehnung im Beruf:

1. Konstruktive Sichtweise:

  • Reframing: Versuche, Kritik als konstruktives Feedback zu interpretieren, das dir hilft, deine Fähigkeiten zu verbessern. Denke daran, dass die Person, die dir Feedback gibt, dies in der Regel tut, um dich zu unterstützen und deine Entwicklung zu fördern.
  • Selbstmitgefühl: Übe Selbstmitgefühl und sei freundlich zu dir selbst. Jeder macht Fehler, und es ist vollkommen normal, aus ihnen zu lernen. Anstatt negative Gedanken wie „Ich bin schlecht in meinem Job“ zuzulassen, formuliere sie um in „Dieses Feedback hilft mir, mich zu verbessern.“

2. Konkrete Maßnahmen:

  • Direkte Reaktion: Reagiere auf Kritik mit Dankbarkeit und der Bereitschaft zu lernen. Ein einfaches „Danke für dein Feedback, ich werde daran arbeiten“ kann einen großen Unterschied machen.
  • Reflexion und Planung: Nimm dir Zeit, um die erhaltene Kritik zu reflektieren und einen Plan zu erstellen, wie du dich in dem betreffenden Bereich verbessern kannst. Dies kann dir helfen, die Kontrolle über die Situation zu behalten und proaktiv Schritte zur Weiterentwicklung zu unternehmen.

Beispiel:

Anstatt nach einem negativen Feedback zu deiner Arbeit in Panik zu verfallen und zu denken „Ich bin ein Versager“, könntest du folgendermaßen reagieren:

  • „Danke für dein Feedback, ich werde es mir genau ansehen und schauen, wo ich mich verbessern kann.“
  • „Welche konkreten Punkte könnten deiner Meinung nach verbessert werden?“
  • „Welche Unterstützung benötige ich, um diese Verbesserungen zu erreichen?“

Wissenschaftliche Studien zu Rejection Sensitive DysphoriaRSD und ADHS:

Zahlreiche Studien belegen den Zusammenhang zwischen ADHS und emotionaler Dysregulation. Eine bemerkenswerte Studie von Barkley und Fischer (2010) zeigt, dass emotionale Dysregulation ein zentrales Merkmal von ADHS ist und häufig zu Problemen in sozialen und beruflichen Kontexten führt (https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC4282137/). Diese Forschung unterstreicht die Notwendigkeit spezifischer Bewältigungsstrategien für Menschen mit ADHS und RSD.

Rejection Sensitive DysphoriaRSD im Berufsalltag: Ein Erfahrungsbericht von Jonas W.

Als ich die Diagnose ADHS erhielt, war ich erleichtert, endlich eine Erklärung für meine ständigen Zweifel und Ängste zu haben. Doch erst als ich von Rejection Sensitive Dysphoria (RSD) erfuhr, verstand ich, warum berufliche Situationen für mich so herausfordernd waren.

Ständige Angst vor negativer Bewertung

In Meetings fühlte ich mich ständig unter Beobachtung. Jedes Wort und jede Idee wurde von mir auf mögliche Kritikpunkte hin analysiert. Selbst harmlose Kommentare lösten intensive Zweifel und Angst vor Ablehnung aus.

Perfektionismus als Schutzschild

Um mich vor negativer Bewertung zu schützen, entwickelte ich einen ausgeprägten Perfektionismus. Ich investierte viel Zeit und Energie in meine Arbeit, um Fehler zu vermeiden und die Erwartungen meiner Vorgesetzten zu erfüllen. Dieser Druck führte jedoch zu ständigem Stress und innerer Unruhe.

Missverständnisse und Konflikte

Meine Empfindlichkeit gegenüber Kritik führte oft zu Missverständnissen und Konflikten mit Kollegund Vorgesetzten. Harmlose Äußerungen wurden von mir als persönliche Angriffe interpretiert, was zu emotionalen Reaktionen und unproduktiven Diskussionen führte.

Der Wendepunkt

Der Wendepunkt kam, als ich in einer Fortbildung zum Thema ADHS von RSD erfuhr. Endlich verstand ich, dass meine übertriebenen Reaktionen auf Kritik ein neurologisches Phänomen und keine Zeichen mangelnder Kompetenz waren.

Linderung durch Selbstakzeptanz

Mit diesem Wissen begann ich, mich selbst zu akzeptieren und meine RSD als Teil meiner Persönlichkeit zu sehen. Ich lernte, meine Gedanken und Emotionen zu hinterfragen und rationale von irrationalen Ängsten zu unterscheiden.

Entwicklung von Bewältigungsstrategien

Mithilfe von Entspannungstechniken wie Meditation und Achtsamkeitsübungen lernte ich, mit meinen Emotionen umzugehen und in stressigen Situationen ruhig zu bleiben.

Offene Kommunikation am Arbeitsplatz

Ich begann, offen mit meinen Kollegund Vorgesetzten über meine RSD zu sprechen. Durch dieses offene Kommunizieren konnte ich Missverständnisse vermeiden und ein besseres Verständnis für meine Bedürfnisse schaffen.

Der Weg ist steinig, aber es lohnt sich

Der Umgang mit RSD im Berufsleben ist ein kontinuierlicher Prozess, der mit Rückschlägen verbunden sein kann. Doch mit der Zeit und den richtigen Bewältigungsstrategien habe ich gelernt, meine Ängste und Emotionen zu kontrollieren und meine beruflichen Ziele zu verfolgen. Heute erlebe ich meinen Arbeitsalltag mit mehr Selbstbewusstsein und Freude.

Mein Tipp an alle, die mit Rejection Sensitive DysphoriaRSD im Berufsleben zu kämpfen haben

  1. Informiere dich über Rejection Sensitive DysphoriaRSD: Verstehe, wie RSD deine Gedanken und Emotionen beeinflusst. Wissen ist Macht.
  2. Entwickle Bewältigungsstrategien: Finde Techniken, die dir helfen, mit deinen Ängsten und Emotionen umzugehen. Entspannungstechniken, gesunde Routinen und positives Denken sind hierbei sehr hilfreich.
  3. Sprich offen darüber: Kommunikation ist der Schlüssel. Sprich mit deinen Kolleg:innen und Vorgesetzten über deine RSD.
  4. Suche professionelle Unterstützung: Wenn du Hilfe benötigst, zögere nicht, professionelle Unterstützung in Anspruch zu nehmen.

Der Umgang mit RSD ist eine Herausforderung, aber du bist nicht allein. Mit den richtigen Strategien und einem unterstützenden Umfeld kannst du deine beruflichen Ziele erreichen und ein erfülltes Berufsleben führen.

Fazit:

RSD kann eine große Herausforderung im (Berufs-)Leben mit ADHS darstellen. Mit den richtigen Strategien, einem Verständnis deiner Emotionen und der Unterstützung durch andere Betroffene und Fachleute, kannst du lernen, besser mit RSD umzugehen und deine beruflichen Ziele zu erreichen.

Denke daran: Du bist nicht allein! Viele Menschen teilen deine Erfahrungen und es gibt zahlreiche Hilfsangebote und Werkzeuge, die dir zur Verfügung stehen.

Solltest du weitere Fragen oder Bedenken haben, zögere bitte nicht, dich an uns zu wenden.

Viel Erfolg!

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