4 wichtige Fakten über Geschlechtsunterschiede bei ADHS

Geschlechtsunterschiede bei ADHS: Symptome, Kognition, Hormone und Gesellschaft

Eine Infografik mit dem Titel „Im Fokus: Geschlechtsunterschiede bei ADHS “ zeigt Unterschiede in vier Bereichen: Symptome: Männer zeigen eher hyperaktive und impulsive Symptome, während Frauen eher unaufmerksame Symptome aufweisen. Frauen neigen zu internalisierenden Komorbiditäten, Männer zu externalisierenden. Kognition: Männer haben ein besseres Arbeitsgedächtnis, und Frauen haben generell eine eingeschränktere Impulskontrolle im Vergleich zu Männern. Hormone: ADHS-Symptome schwanken je nach Zyklusstadium in Intensität und Art. Perimenopause und Menopause verschlechtern die Symptome. Gesellschaft: Traditionelle Geschlechterrollen und Erwartungen führen dazu, dass Frauen ihre Symptome eher verbergen und sich schuldig fühlen. Zusätzlicher Stress kann weitere Erkrankungen verursachen. Oben auf der Infografik befindet sich ein Link zur Website: https://www.adhsfokus.at/geschlechtsunterschiede-bei-adhs.

ADHS, auch bekannt als Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung, ist eine neurobiologische Erkrankung, die traditionell als eine Störung des Kindesalters angesehen wurde – vor allem bei Jungen. In den letzten Jahren hat sich jedoch gezeigt, dass ADHS auch bei Erwachsenen weit verbreitet ist und ebenfalls Frauen betrifft.

Da sich es jedoch Geschlechtsunterschiede in den Symptomen bei ADHS gibt, wird dieses bei Frauen seltener erkannt. Daraus folgte, dass die Auftretenshäufigkeit lange Zeit massiv unterschätzt wurde. Nicht nur die Symptome, sondern auch die Diagnoseverfahren unterscheiden sich oft erheblich zwischen den Geschlechtern. Dieser Artikel beleuchtet die Geschlechtsunterschiede bei ADHS, insbesondere die Unterschiede in der Symptomatik, den kognitiven Fähigkeiten und den hormonellen Einflüssen auf die Erkrankung.

Eine pinkfarbene Infografik mit einem großen, weißen Ausrufezeichen links und dem Text rechts. Sie behandelt nicht mehr ausschließlich Geschlechtsunterschiede bei ADHS, sondern greift weiter. Die Überschrift lautet: „Wusstest du, … dass sich die medizinische Forschung oft auf Männer konzentriert, obwohl sich Symptome und Krankheitsverläufe bei Frauen häufig unterscheiden?“ Der Text erklärt, dass Frauen bei einem Herzinfarkt oft andere Symptome wie Übelkeit und Rückenschmerzen zeigen, während sie in klinischen Studien unterrepräsentiert sind. Dies führt zu ungenauen Diagnosen und weniger effektiven Behandlungen für Frauen. Außerdem werden Medikamente häufig an männlichen Körpern getestet, was das Risiko für Nebenwirkungen bei Frauen erhöht.

Geschlechtsunterschiede bei ADHS in der Symptomatik

Während ADHS bei Männern häufiger mit hyperaktiven und impulsiven Symptomen in Verbindung gebracht wird, neigen Frauen dazu, eher unaufmerksame Symptome zu zeigen. Studien zeigen, dass Frauen mit ADHS eher Schwierigkeiten haben, die Konzentration über längere Zeiträume hinweg aufrechtzuerhalten, was oft zu Problemen im Alltag führen kann. Dies steht im Einklang mit der höheren Häufigkeit des unaufmerksamen Subtyps von ADHS bei Frauen. Männer hingegen zeigen häufiger eine Kombination aus hyperaktiven und unaufmerksamen Symptomen. Diese Symptomatik führt zu einer höheren Rate von Verhaltensauffälligkeiten.

In Übereinstimmung damit steht, dass Männer eher externalisierende Komorbiditäten wie Drogenmissbrauch – was Alkoholmissbrauch mit einschließt – antisoziale Persönlichkeitsstörung oder Störungen des Sozialverhaltens aufweisen. Frauen hingegen neigen zu internalisierenden Erkrankungen wie Angststörungen, Depressionen oder Essstörungen. Tatsächlich weisen sie tendenziell einen höheren BMI auf. Vor allem bei Frauen besteht die Gefahr, dass diese Folgeerkrankungen zu falschen Diagnosen führen und ADHS unerkannt bleibt.

The ADHD Centre listet zur Verdeutlichung der Geschlechtsunterschiede bei ADHS folgende Symptome auf, die häufig bei Frauen auftreten:

  • Gefühle von Verzweiflung, Unzulänglichkeit und Überforderung
  • Mangelnde Motivation
  • Desorganisiertheit, Vergesslichkeit, häufiges Zuspätkommen
  • Ungeduld
  • Müdigkeit und Schlaflosigkeit
  • Konzentrationsprobleme und Tagträumerei
  • Hypersexualität
  • Verhaltensweisen wie Zupfen an der Haut, Ziehen an den Haaren, Wackeln mit den Beinen oder Nägelkauen
  • Weinen mit intensiven Emotionen, Wut, Schuld- und Schamgefühlen
  • Schüchternheit aufgrund von sozialen Ängsten und sensorischen Empfindlichkeiten
  • Perfektionismus
  • Schwierigkeiten, die Aufmerksamkeit aufrechtzuerhalten und abzuschalten, während andere sprechen
  • Angst kann sich physiologisch in Form von Kopfschmerzen und/oder Übelkeit äußern

Männer hingegen scheinen folgende Symptome häufiger zu zeigen:

  • Hyperaktivität
  • Störendes Verhalten
  • Häufiges Verlieren von Gegenständen
  • Unterbrechen anderer in Gesprächen
  • Aggressive und defensive Verhaltensweisen
  • Risikoreiches Verhalten (z. B. Drogenmissbrauch, zu schnelles Fahren, ungesundes Sexualverhalten, übermäßige finanzielle Ausgaben)
  • Wutausbrüche
  • Unempfindlichkeit

Männer erleben die Rejection Sensitive Dysphoria (RSD) wahrscheinlich genauso stark wie Frauen. Sie zeigen ihre Gefühle jedoch oft anders, zum Beispiel durch äußere Reaktionen wie Wut oder Frustration, während Frauen eher dazu neigen, die Gefühle nach innen zu richten und sich traurig oder verletzt zu fühlen. Weitere Symptome und wie sich RSD bei Männern und Frauen äußert, kann man hier nachlesen.

Geschlechtsunterschiede bei ADHS in der Kognition

Es gibt noch viele offene Fragen, was die Unterschiede im Denken zwischen Männern und Frauen mit ADHS angeht. Einige Studien zeigen, dass Männer mit ADHS oft ein besseres Arbeitsgedächtnis haben als Frauen. Das könnte erklären, warum Frauen mit ADHS öfter Probleme haben, sich zu konzentrieren. Diese Unterschiede könnten auch ein Grund sein, warum ADHS bei Frauen oft übersehen oder falsch diagnostiziert wird.

Hormonelle Geschlechtsunterschiede bei ADHS

Ein entscheidender Faktor, der ADHS-Symptome bei Frauen beeinflusst, sind hormonelle Schwankungen. Geschlechtsunterschiede bei ADHS sind also nicht nur auf gesellschaftliche Hintergründe zurückzuführen, sondern haben auch eine physiologische Basis. Diese Schwankungen, insbesondere die des Östrogens, haben signifikante Auswirkungen auf die Symptomatik von ADHS. Beginnend mit der Pubertät, durch den Menstruationszyklus hindurch und bis in die Menopause hinein, können Veränderungen im Hormonspiegel die Schwere und Art der Symptome beeinflussen. Beispielsweise kann ein Abfall des Östrogenspiegels vor der Menstruation zu einer Verschlimmerung der ADHS-Symptome führen, wie Konzentrationsschwierigkeiten, Vergesslichkeit und emotionale Dysregulation. Diese Symptome werden oft fälschlicherweise als prämenstruelle Dysphorie (PMDD) diagnostiziert, ohne dass das zugrunde liegende ADHS erkannt wird.

Während der Perimenopause und Menopause sinken die Östrogenspiegel kontinuierlich, was zu einer deutlichen Verschlechterung der ADHS-Symptome führen kann. Frauen berichten in dieser Lebensphase häufig von einem stärkeren Gefühl der Überforderung, erhöhter Reizbarkeit und einer Zunahme von Gedächtnisproblemen. Diese Symptome werden oft als altersbedingte Veränderungen abgetan, was die korrekte Diagnose von ADHS weiter erschwert.

Die Rolle von Geschlechterrollen und sozialen Erwartungen

Neben den biologischen Faktoren spielen auch soziale und kulturelle Erwartungen eine wichtige Rolle bei der Wahrnehmung und Behandlung von ADHS bei Frauen. Traditionelle Geschlechterrollen und die Erwartung, dass Frauen „gut organisiert“ und „emotional stabil“ sein sollten, können dazu führen, dass Frauen ihre Symptome verbergen oder sich für ihre Schwierigkeiten selbst die Schuld geben. Diese Selbstzweifel und das Streben nach Perfektionismus verschärfen die ADHS-Symptome oft. Außerdem führen sie zu einem Teufelskreis aus Stress, Selbstvorwürfen und weiteren gesundheitlichen Problemen wie Angstzuständen und Depressionen.

Frauen mit ADHS haben zudem häufig ein erhöhtes Risiko für weitere Störungen wie Essstörungen, Angstzustände und Depressionen. Diese Erkrankungen können die Diagnose von ADHS weiter komplizieren, da die Symptome dieser Störungen oft im Vordergrund stehen und das zugrunde liegende ADHS übersehen wird. Bei Männern hingegen sind externalisierende Störungen, wie oben beschrieben häufiger, was tendenziell zu einer schnelleren Diagnose führt.

Fazit

Die Unterschiede in der Symptomatik und der Diagnose von ADHS zwischen Männern und Frauen haben erhebliche Auswirkungen auf die Lebensqualität und das langfristige Wohlbefinden der Betroffenen. Frauen mit ADHS sind häufig stärker von den Folgen der Störung betroffen, da ihre Symptome oft übersehen oder falsch interpretiert werden. Dies kann zu einer Verzögerung der Diagnose und Behandlung führen, was das Risiko für folgende psychische Erkrankungen erhöht.

Es ist daher von entscheidender Bedeutung, dass das Bewusstsein für ADHS bei Frauen sowohl in der medizinischen Gemeinschaft als auch in der breiten Öffentlichkeit geschärft wird. Eine geschlechtsspezifische Betrachtung von ADHS kann dabei helfen, dass Frauen eine frühere und genauere Diagnose bekommen und somit von einer rechtzeitigen und angemessenen Behandlung profitieren.

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